Titel:
Die Geheimnisse von Monkey Island: Auf Kapertour mit Pixel-Piraten

Schriftsteller:
Deneschau, Nicolas

Verlag:
Look Behind You
272 Seiten

VÖ-Datum:
21.10.2022

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Buchkritik: Die Geheimnisse von Monkey Island: Auf Kapertour mit Pixel-Piraten

Mit "Die Geheimnisse von Monkey Island: Auf Kapertour mit Pixel-Piraten" liefert der französische Autor Nicolas Deneschau ein umfassendes Werk ab, das sich der Geschichte einer der bekanntesten und einflussreichsten Point-and-Click-Adventure-Serien widmet.
Die Monkey Island-Reihe, die in den frühen 1990er Jahren begann, hat sich tief in das kollektive Gedächtnis einer ganzen Generation von Gamern eingebrannt. Mit ihrem einzigartigen Humor, den kreativen Rätseln und den liebenswert-skurrilen Charakteren, allen voran dem Möchtegern-Piraten Guybrush Threepwood, hat sie Maßstäbe gesetzt, die bis heute unerreicht bleiben. Das Buch versucht, dieser legendären Serie gerecht zu werden, indem es tief in die Entstehungsgeschichte eintaucht, die Entwicklung der Spiele detailliert nachzeichnet und dabei die Menschen hinter den Kulissen nicht vergisst. Doch gelingt es Deneschau tatsächlich, den Geist von Monkey Island einzufangen und in ein Buch zu bannen? Diese Kritik beleuchtet die vielen Stärken des Werkes, aber auch seine Schwächen, die es möglicherweise daran hindern, das ultimative Buch für Fans zu sein.

Inhaltlich beeindruckt das Buch durch seine gründliche und detailreiche Aufarbeitung der gesamten Spieleserie. Deneschau geht dabei weit über das hinaus, was man von einem gewöhnlichen Sachbuch erwarten würde. Er erzählt die Geschichte der Monkey Island-Serie nicht nur aus der Perspektive der veröffentlichten Spiele, sondern bietet auch wertvolle Einblicke in die turbulenten Zeiten hinter den Kulissen. Die Leser erfahren nicht nur, wie die Spiele entwickelt wurden, sondern auch, welche kreativen und unternehmerischen Herausforderungen die Entwickler bei Lucasfilm Games (später LucasArts) bewältigen mussten. Besonders interessant ist die Darstellung der Arbeitsweise der kreativen Köpfe wie Ron Gilbert, Tim Schafer und Dave Grossman, die für den Erfolg der Serie maßgeblich verantwortlich waren. Deneschau scheut sich nicht, tief in die Entstehungsgeschichte einzutauchen und dabei auch die weniger glamourösen Aspekte der Spieleentwicklung zu beleuchten. Deneschau beschreibt auch die Entwicklung der Serie über die Jahre hinweg und zeigt, wie sich die einzelnen Spiele in Stil und Inhalt unterschieden, während sie gleichzeitig die grundlegenden Werte und Qualitäten der Serie bewahrten. Die Leser erfahren, wie die Serie mit jedem neuen Teil wuchs und sich weiterentwickelte, aber auch, wie die Veränderungen in der Spieleindustrie und die internen Herausforderungen bei LucasArts und später Telltale Games die Richtung der Serie beeinflussten. Besonders hervorzuheben ist, dass das Buch nicht nur die ersten beiden, am meisten gefeierten Teile der Serie behandelt, sondern auch die späteren Titel wie Escape from Monkey Island und die Telltale-Adventures eingehend beleuchtet. Diese umfassende Perspektive macht das Buch zu einer wertvollen Ressource für alle, die ein tiefes Verständnis der gesamten Serie und ihrer Entwicklung gewinnen möchten.

Eine der größten Stärken des Buches ist die umfangreiche Recherchearbeit, die Nicolas Deneschau geleistet hat. Das Werk strotzt vor Details, Fakten und Hintergrundinformationen, die selbst eingefleischte Fans der Serie überraschen und begeistern werden. Deneschau hat zahlreiche Interviews mit den Entwicklern und Beteiligten geführt und zieht auf beeindruckende Weise Parallelen zwischen den verschiedenen Phasen der Spieleentwicklung und den persönlichen Geschichten der Menschen, die diese Spiele erschaffen haben. Besonders die Anekdoten und Zitate, die Deneschau einstreut, geben dem Buch eine lebendige und unterhaltsame Note. So erfährt der Leser beispielsweise, dass Steven Spielberg persönlich Tim Schafer anrief, wenn er bei einem Rätsel in einem der Spiele nicht weiterkam – eine Anekdote, die nicht nur zeigt, wie einflussreich die Spiele waren, sondern auch wie tief sie in die Popkultur eingedrungen sind.

Ein weiterer Pluspunkt des Buches ist der humorvolle und augenzwinkernde Stil, der den Geist der Monkey Island-Spiele perfekt einfängt. Deneschau versteht es, den humoristischen Ton der Spiele in sein Schreiben zu übertragen, was das Buch nicht nur informativ, sondern auch äußerst unterhaltsam macht. Die zahlreichen Anspielungen auf die Spiele und die popkulturellen Referenzen sorgen dafür, dass das Buch für Fans ein wahres Fest der Nostalgie ist. Der Leser wird immer wieder zum Schmunzeln gebracht, sei es durch humorvolle Fußnoten oder durch die liebevollen Beschreibungen der skurrilen Charaktere und Situationen, die die Spiele so unvergesslich machen.

Besonders gelungen ist auch die Art und Weise, wie Deneschau die technischen und künstlerischen Innovationen der Spiele beschreibt. Die Entwicklung der SCUMM-Engine, die Gestaltung der Grafiken und der Soundtrack werden detailliert erklärt, und der Leser bekommt ein tiefes Verständnis dafür, wie die Entwickler es schafften, die Spieler in die einzigartige Welt von Monkey Island zu entführen. Diese technischen Details sind nicht nur für eingefleischte Fans der Serie interessant, sondern auch für alle, die sich für die Geschichte der Videospiele und die Entwicklung von Computerspielen im Allgemeinen interessieren.

Trotz seiner vielen Stärken ist das Buch nicht frei von Schwächen. Eine der größten Enttäuschungen ist das vollständige Fehlen von visuellen Elementen im Buch. Angesichts der Tatsache, dass das Werk die visuelle Kunst und den kreativen Prozess hinter den Monkey Island-Spielen so stark betont, ist das Fehlen von Bildern, Screenshots oder Artworks ein erheblicher Nachteil. Für ein Buch, das sich so sehr mit einem visuellen Medium wie Videospielen beschäftigt, ist dies ein überraschendes und bedauerliches Versäumnis. Während eingefleischte Fans, die die Spiele gut kennen, dies möglicherweise verschmerzen können, könnte es für weniger vertraute Leser schwierig sein, den Beschreibungen ohne visuelle Untermalung zu folgen und die Faszination der Spiele vollends nachzuvollziehen.

Ein weiterer Kritikpunkt ist die deutsche Übersetzung, die von Léonce Lupette und Christian Lux angefertigt wurde. Obwohl die Übersetzung insgesamt gut umgesetzt ist, merkt man dem Text an einigen Stellen deutlich an, dass er aus dem Französischen stammt. Die Sprache wirkt mitunter etwas holprig, und es schleichen sich gelegentlich Satzbaufehler und stilistische Unebenheiten ein, die den Lesefluss stören können. Diese Schwächen wären möglicherweise weniger auffällig, wenn der Text ein letztes gründliches Lektorat durchlaufen hätte. Leider sind auch einige typografische und orthografische Fehler im Buch zu finden, die den Eindruck erwecken, dass die Produktion etwas überstürzt war. Besonders ärgerlich ist der Verweis auf Agatha Christies Roman "Und dann gab´s keines mehr" unter seinem alten, inzwischen problematischen Titel – ein Fehler, der leicht hätte vermieden werden können.

Die Struktur des Buches könnte ebenfalls klarer sein. In einigen Kapiteln springt Deneschau zwischen verschiedenen Themen und Argumenten hin und her, was den Leser gelegentlich verwirren kann. Diese Sprunghaftigkeit mag dem Versuch geschuldet sein, die Vielschichtigkeit der Serie und ihrer Geschichte abzubilden, könnte aber strukturierter und kohärenter umgesetzt werden. Gerade Leser, die eine klare Argumentationslinie bevorzugen, könnten sich an dieser etwas chaotischen Präsentation stören.

Fazit Buch:
Die Geheimnisse von Monkey Island: Auf Kapertour mit Pixel-Piraten ist trotz seiner Mängel ein bemerkenswertes Werk, das Fans der Monkey Island-Serie und Liebhaber von Point-and-Click-Adventures viel Freude bereiten wird. Nicolas Deneschau hat mit seiner umfassenden Recherchearbeit und seinem humorvollen Stil ein Buch geschaffen, das sowohl informativ als auch unterhaltsam ist. Die fehlende visuelle Untermalung, die Schwächen in der Übersetzung und die teils unklare Struktur verhindern zwar, dass das Buch zur ultimativen Lektüre für Monkey Island-Fans wird, doch wer bereit ist, über diese Mängel hinwegzusehen, wird mit vielen faszinierenden Einblicken in die Entstehungsgeschichte einer der bedeutendsten Videospielreihen aller Zeiten belohnt.

Das Buch ist eine wahre Schatzkiste für Retro-Gaming-Enthusiasten und ein gelungenes Beispiel dafür, wie man die Geschichte eines Mediums mit Humor und Liebe zum Detail erzählen kann. Für all jene, die mit Guybrush Threepwood aufgewachsen sind und die skurrile Welt der Monkey Island-Spiele lieben, ist Die Geheimnisse von Monkey Island eine lohnenswerte Lektüre, die viele nostalgische Momente und neue Erkenntnisse bietet. Es ist ein Buch, das nicht nur die Vergangenheit feiert, sondern auch zeigt, warum die Monkey Island-Serie bis heute unvergessen bleibt.

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