Titel:
Konklave
Original-Titel:
Conclave
USA, Vereinigtes Königreich/2024
Verleih:


Laufzeit:
121 Minuten

Filmkritik: Konklave

12.12.2024 - Andy

Mit Konklave wagt sich Regisseur Edward Berger nach seinem Oscar-prämierten Kriegsdrama Im Westen nichts Neues in die verschlossenen Hallen des Vatikans, um einen Blick auf eines der geheimsten und faszinierendsten politischen Rituale der Welt zu werfen: die Wahl eines neuen Papstes. Basierend auf dem Roman von Robert Harris entfaltet sich ein fesselnder Thriller, der weniger mit klassischen Action-Elementen als vielmehr mit psychologischer Spannung, großartigen Darstellern und einer dichten, atmosphärischen Inszenierung punktet. Ralph Fiennes brilliert in der Hauptrolle als Kardinal Lawrence, der zwischen Glauben, Moral und Machtinteressen zerrieben wird, während sich hinter den heiligen Mauern ein Netz aus Intrigen entspinnt. Wer sich auf einen intelligenten Politthriller einlassen kann, der die Mechanismen der katholischen Kirche entzaubert, wird mit einem der spannendsten Filme des Jahres belohnt.

Der Film beginnt mit dem plötzlichen Tod des amtierenden Papstes, wodurch sich über 100 Kardinäle aus aller Welt in Rom versammeln, um einen Nachfolger zu bestimmen. Kardinal Lawrence (Fiennes), als Dekan des Konklaves für die Organisation der Wahl verantwortlich, sieht sich schnell mit einer komplizierten Situation konfrontiert. Während offiziell um die beste Wahl für die Zukunft der Kirche gerungen wird, entwickeln sich hinter den Kulissen Ränkespiele, Seilschaften und Machtkämpfe. Vier Fraktionen kämpfen um Einfluss: der moderate Kanadier Tremblay (John Lithgow), der erzkonservative Italiener Tedesco (Sergio Castellitto), der liberale Amerikaner Bellini (Stanley Tucci) und der dogmatische Nigerianer Adeyemi (Lucian Msamati), der als mögliche Symbolfigur für eine modernere Kirche gilt, aber gleichzeitig eine extrem konservative Haltung vertritt. Dann jedoch erscheint ein bisher unbekannter Kardinal Benitez (Carlos Diehz), den der verstorbene Papst in geheimer Mission zum Kardinal ernannt hatte – und das Gleichgewicht der Wahl gerät ins Wanken.

Von Beginn an baut Berger eine dichte, fast klaustrophobische Atmosphäre auf. Die Kardinäle sind in der Sixtinischen Kapelle eingeschlossen, abgeschottet von der Außenwelt, während sie über die Zukunft der katholischen Kirche entscheiden. Doch statt eines besinnlichen Prozesses entwickelt sich ein erbittertes Ringen um Macht und Einfluss, das mit jedem Wahlgang an Intensität zunimmt. Die Kameraarbeit von Stéphane Fontaine unterstreicht dies meisterhaft: Mal fängt sie die Kardinäle in prächtigen, goldgetauchten Hallen ein, mal zeigt sie sie in engen, dunklen Korridoren, die den Druck der geschlossenen Gesellschaft verstärken. Besonders eindrucksvoll sind die Szenen, in denen sich die Kardinäle wie eine Prozession in ihren roten Gewändern durch die Höfe des Vatikans bewegen – fast wie ein Gemälde aus der Renaissance, das zum Leben erwacht ist.

Neben der visuellen Wucht ist es vor allem das brillante Schauspielensemble, das Konklave zu einem intensiven Filmerlebnis macht. Ralph Fiennes trägt den Film mit einer nuancierten Darstellung eines Mannes, der sich der institutionellen Macht der Kirche bewusst ist, aber gleichzeitig in seinem Glauben erschüttert wird. Sein Kardinal Lawrence beginnt als besonnener Beobachter, wird jedoch zunehmend in das politische Spiel hineingezogen, bis er selbst zum Gegenstand der Intrigen wird. Ihm zur Seite stehen Stanley Tucci als pragmatischer Strippenzieher Bellini, John Lithgow als gerissener Machtmensch Tremblay und Isabella Rossellini als Nonne Agnes, die mit wenigen Szenen einen bleibenden Eindruck hinterlässt. Ihre Figur steht sinnbildlich für die Frauen, die innerhalb der Kirche unsichtbar bleiben, aber entscheidende Rollen im Hintergrund spielen.

Neben den großartigen schauspielerischen Leistungen lebt der Film auch von seiner präzisen Beobachtungsgabe. Berger nimmt sich Zeit, um die kirchlichen Rituale und politischen Prozesse realistisch darzustellen. Das Konklave folgt strikten Regeln, die sorgfältig inszeniert werden: von der Versiegelung der Türen über die geheimen Abstimmungen bis hin zum berühmten weißen oder schwarzen Rauch, der über das Ergebnis entscheidet. Doch Konklave entmystifiziert diesen Prozess, indem es zeigt, dass auch Geistliche keine Heiligen sind. Sie schmieden Allianzen, handeln Absprachen aus und setzen auf schmutzige Tricks – bis hin zu Bestechung und Verrat. Es sind diese Nuancen, die den Film so fesselnd machen: Man sieht nicht nur, was gesagt wird, sondern auch, was in Blicken, Pausen und unausgesprochenen Gesten mitschwingt.

Trotz all seiner Stärken wird der Film jedoch nicht jedem gefallen. Wer eine tiefgehende Auseinandersetzung mit der katholischen Kirche oder eine klare moralische Stellungnahme erwartet, könnte enttäuscht werden. Berger bleibt weitgehend neutral und konzentriert sich stärker auf das individuelle Ringen seiner Figuren als auf eine grundsätzliche Kritik an der Institution. Auch das Finale dürfte die Meinungen spalten: Die letzte Enthüllung ist spektakulär, aber auch etwas zu glatt und konstruiert, um vollends zu überzeugen.

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